Am 26. März 2022, ein Monat nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ostukraine, fand in Aachen eine Aktion der „Aachener für eine menschliche Zukunft“ zusammen mit den „Freien Linken Aachen“ unter dem Titel „Gegen Krieg und Aufrüstung“ statt. Dort hielt u.a. die Aachener Friedens-Ikone Dr. Ansgar Klein, damals 85 Jahre alt, eine Ansprache, die es wert ist, in Erinnerung gerufen und verbreitet zu werden. Er machte deutlich, dass der Einmarsch Russlands nicht isoliert gesehen werden dürfe, sondern die langfristige geopolitische Zielsetzung der USA und ihres verlängerten Armes der NATO ins Auge gefasst werden müsse, in deren Rahmen die nach Aufrüstung gegen Russland rufenden deutschen Politiker nur US-hörige Vasallen seien. Hervorhebungen und Anmerkungen sind von mir. (hl)
Dr. Ansgar Klein (Aachener Bündnis „Diplomatie statt Waffen und Sanktionen“)
nrhz.de 11.6.2024
Ansprache Dr. Ansgar Kleins am 26.3.2022
Manuskript der Ansprache Dr. Ansgar Kleins am 26. März 2022 am Aachener Elisenbrunnen 1:
Liebe Friedensfreunde!
Die heutige Situation in der Ukraine hat eine lange Vorgeschichte, ohne deren Kenntnis eine Beurteilung nicht möglich ist. Der Beginn dieser Geschichte ist zweifellos die Gründung der NATO 1949 auf Betreiben der USA. Lord Ismay, der erste Generalsekretär der NATO, sagte damals:
„Die NATO wurde gegründet, um in Europa die Sowjets draußen, die Deutschen unten und die Amerikaner drin zu halten“.2
Noch deutlicher wird viele Jahre später der damalige Chef des bedeutenden US-Think-Tanks „Stratfor“, George Friedman. Er sagte am 4. Februar 2015 im Chicago Council on Global Affairs:
- „Die USA fürchten seit mindestens 100 Jahren nichts mehr
als die Verbindung von deutschem Kapital und deutschem Know-How mit
russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft. Sie haben drei Kriege
gekämpft, um eine enge deutsch-russische Beziehung zu verhindern: den
Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie den Kalten Krieg. –
Deshalb bauen die USA einen hochgerüsteten ´Cordon Sanitaire` (Sicherheits-Gürtel) entlang der Linie Baltikum – Polen – Ukraine – Bulgarien – Schwarzes Meer. Deshalb steckt der Oberbefehlshaber der in Europa stationierten amerikanischen Truppen ukrainischen Soldaten Medaillen der US-Army an. Er betrachtet sie als Teil ´seiner Armee`. – Deshalb haben die USA schon im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends Farbenrevolutionen in diversen osteuropäischen Ländern sowie die ´orange Revolution` in der Ukraine angezettelt.
Der russische Einmarsch in Georgien war eine Reaktion auf diese amerikanischen Umtriebe. Russland erkannte die Absicht Amerikas. … Die USA haben angekündigt, dass sie vorhaben, tödliche Waffen in die Ukraine zu liefern, das wurde zwar dementiert, aber sie tun das, die Waffen werden geliefert.“ 3
Im Jahr 1989 erklärte Paul Wolfowitz, politischer Berater von George W. Bush, stellvertretender Verteidigungsminister unter Minister Donald Rumsfeld:
„Alle Gebiete, die das zerbrochene Russland nicht mehr verteidigen kann, werden wir uns selber zueignen und zusehen, ob Russland eingreift, sie zu verteidigen oder nicht.“ 4
Brzezinski, Berater der US-Präsidenten von Lynden B. Johnson bis Obama schrieb 1997 in seinem Buch: „The grand Chessboard“ – deutscher Untertitel: „Amerikas Strategie der Vorherrschaft“:
- „2015 Beitritt der Ukraine zur NATO“.
Das hat nun trotz massiver US-amerikanischer Unterstützung des Maidan-Putsches in Kiew nicht geklappt.5 Die USA haben aber einen US-hörigen Präsidenten einsetzen können: damals Poroschenko. Gerade 3 Tage im Amt erklärte Poroschenko:
„Momentan gibt es in der Bevölkerung keine Mehrheit für einen NATO-Beitritt. Generell brauchen wir ein neues Sicherheitsbündnis mit den USA und Europa, um die Ukraine militärisch zu schützen. Ich werde als Präsident für dieses Bündnis kämpfen und sofort die Gespräche aufnehmen.“
Im Jahr 2019 sagt laut telegram-Kanal „mitte steht auf“ ein gewisser Oleksiy Arestovych – er wird dort Berater des ukrainischen Präsidenten genannt -:
- „Unser Preis für den Beitritt zur Nato ist ein großer Krieg mit Russland.“ 6
Zurück zu den Ereignissen im Jahr des Maidan-Putsches: Am 2. Mai 2014 starben im Gewerkschaftshaus in Odessa, das von rechtsgerichteten ukrainischen Nationalistin in Brand gesteckten worden war, mindestens 40 pro-russische Aktivisten. Das war der Beginn des Bürgerkriegs, der dort seit acht Jahren mit etwa 14.000 Toten, unzähligen Verletzten, Millionen traumatisierter Menschen und zerstörter Infrastruktur herrscht.
Dazu hat der „Wertewesten“ nicht nur geschwiegen, sondern die rechtsgerichteten Kampfgruppen, die die Regionen Donezk und Lugansk immer wieder angegriffen haben, indirekt unterstützt.
Denn eigentlich wären Deutschland und Frankreich, die zusammen mit Russland und der Ukraine das Minsker Abkommen vom 12. Februar 2015 ausgehandelt hatten, verpflichtet gewesen, für die Einhaltung des Abkommens einzutreten.
Laut Wikipedia zielte dieses Abkommen „auf eine Deeskalation und Befriedung des seit 2014 in der Ost-Ukraine herrschenden Kriegs und sollte eine politische Beilegung des Konflikts herbeiführen.“
Dass dieser Krieg ganz gezielt geführt und eskaliert wurde kann man im ´Voltaire Netzwerk` vom 22. Februar 2022 nachlesen:
- „Dmitro Jarosch, langjähriges Mitglied der Stay-Behind-Netzwerke der Atlantischen Allianz und seit November 2021 Berater des Oberbefehlshabers der ukrainischen Armeen, führte das Asow-Bataillon von Oberst Andrey Biletsky und eine Gruppe junger ausländischer Kämpfer, um während der Münchner Sicherheitskonferenz (18. bis 20. Februar 2022) die Grenze am Donbass zu beschießen.“ 7
Sogar im ‚Handelsblatt‘ vom 24. Februar 2022 stand:
- „1.000 Explosionen wurden allein am Dienstag in den abtrünnigen Regionen der Ostukraine gezählt.“
Also vor der russischen Militäroperation! Das Minsker Abkommen war also von vornherein zum Scheitern verurteilt. Unter diesen Umständen war die Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk als souveräne Staaten eine nachvollziehbare Entscheidung Putins.
Vergegenwärtigen wir uns auch, dass Russland seit Anfang der 1990er-Jahre um Kooperation mit Westeuropa, insbesondere mit Deutschland, intensiv geworben hat. Eine solche für beide Teile sinnvolle Zusammenarbeit wurde von den USA systematisch unterbunden.
Wie sehr Deutschland unter US-Kuratel steht, ist auch daran zu erkennen, dass sich auf deutschem Boden fast 40 US-amerikanischen Militärstützpunkte befinden und mit der US-Air-Base in Ramstein die größte ausländische US-amerikanische Kriegsdrehscheibe. Ohne diese US-amerikanischen militärischen Stützpunkte hätten die Kriege gegen Serbien 1999, gegen Afghanistan 2001 bis 2021, gegen den Irak 2003, gegen Libyen 2011 und Syrien ab 2011 so nicht geführt werden können.
Höchstgefährlich ist auch die Lagerung von ca. 20 US-amerikanischen Atombomben in Büchel, Südeifel, für deren Einsatz Deutschland nun super-teure Kampfjets in den USA kaufen will.
Wie sehr Deutschland ein höriger Vasallenstaat der USA ist, zeigt
sich gerade wieder in der Verhinderung der Inbetriebnahme der
Gaspipeline Nord Stream 2. Ohne Not werden schwerwiegende
Beeinträchtigungen, Preissteigerungen und Versorgungsengpässe in Kauf
genommen. Weder gegen die militärische Präsenz der USA in Deutschland
noch gegen die wirtschaftliche Unterwerfung, die sich auch in den
Nachteilen für die deutsche Wirtschaft durch die verhängten Sanktionen
gegen Russland zeigt, haben deutsche Politiker etwas unternommen.
Diese Politiker, die gegen unsere Interessen handeln, haben in Regierungspositionen nichts verloren!
Welche Kräfte in der Ukraine nun von Deutschland mit unseren Steuergeldern und von anderen westlichen Staaten, vor allem von den USA, mit Geld und Waffenlieferungen unterstützt werden, sollte man sich auch einmal näher ansehen. Im Jahr 2010 wurde der Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera zum „Helden der Ukraine“ per Gesetz erklärt. Stepan Bandera, ein fanatischer Antikommunist, war einer der Führer der im Jahr 1929 gebildeten Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). 8
Der Autor Hermann Ploppa sagt dazu in seiner Sendung ‚History‘ vom 8. März diesen Jahres:
„Die große Zeit der OUN beginnt, als im Sommer 1941 die deutsche
Wehrmacht die Sowjetunion überfällt. Im Schlepptau von Wehrmacht und
Waffen-SS ziehen die Kämpfer der OUN in die besetzten Sowjetgebiete ein
und ermorden Zehntausende wehrloser jüdischer Zivilisten.“
Leider hat Hermann Ploppa Recht, wenn er in dem erwähnten History-Beitrag sagt:
„Die heutige politische Kultur in der West-Ukraine ist geprägt von rechtsradikalen, antisemitischen Milizen und Parteien.“
Ein Beispiel, nachzulesen im Voltaire Netzwerk vom 18. März diesen Jahres:
- „Im ukrainischen ‚Channel 24‘ wird dazu aufgerufen, alle Russen zu töten, einschließlich Frauen und Kinder“ –
Ein ukrainischer Journalist sagt in der Sendung:
- „Da wir von Russland „Nazis“, „Faschisten“ usw. genannt werden, möchte ich die Worte von Adolf Eichmann zitieren, der sagte, dass wir, um eine Nation zu zerstören, vor allem ihre Kinder töten müssen.“
Ich möchte mit einem bekannten Zitat schließen:
- „Wer aus der Geschichte nicht lernt, der ist dazu verdammt, sie zu wiederholen!“.
——————–
Anmerkungen (hl):
1 https://kraz-ac.de/wp-content/uploads/2022/03/220326-Redemanuskript-Ansgar-Ukraine.pdf
2 https://www.nwzonline.de/politik/amerikaner-drin-und-russen-draussen_a_27,0,1601589881.html
3 https://www.sein.de/george-friedmans-rede-vor-dem-chicago-council-on-global-affairs-am-04-02-2015/
4 https://www.lesejury.de/eugen-drewermann/buecher/wege-zum-frieden/9783980954273
7 https://www.voltairenet.org/article215777.html
8 Vgl.: https://fassadenkratzer.de/2024/02/23/herrschaft-des-faschistischen-nationalismus-in-der-ukraine/