Presseschau vom 10.07.2014
Keine Blauhelme für den Donbass, weniger Geld für Kiew und ein Trickfilm von Kriegskindern
Quellen: Itar-Tass, Interfax, Ria Novosti, russland.ru, hinzu kommen Informationen von den Seiten „Novorossia“ sowie „dnr-news“ und „lugansk-online“. Wir beziehen manchmal auch ukrainische Medien BigMir, Vesti, Ukrinform, Segodnja, KorrespondenT und die Online-Zeitung Timer aus Odessa ein.
Zur besseren Unterscheidung der Herkunft der Meldungen sind Nachrichtenquellen aus den neuen ostukrainischen Volksrepubliken in Rot ( Portal Novorossia, dnr-news, lugansk-online) und andere ukrainische Quellen
in Blau (BigMir, Vesti, Ukrinform, Segognja, KorrenspondenT und Timer) gekennzeichnet. Die Übersetzung russischer Medien erfolgt in schwarzer Farbe.
Vormittags:
RIA.de: Die ganze vergangene Nacht über haben die Zusammenstöße zwischen der Volkswehr und der ukrainischen Armee in verschiedenen Rayons des Gebietes Donezk angedauert, wie ein Vertreter des Volkswehr-Stabes RIA Novosti mitteilte.
„Das allgemeine Bild lässt sich kurz wie folgt schildern: Der Gegner zieht weiterhin seine Truppen in Richtung Donezk zusammen. Wir versuchen, ihn zu stören.
Dabei halten unsere Kräfte die Stadt Sewersk in der Umgebung von Slawjansk, die wir brauchen, damit der Gegner den Ring um Lissitschansk und Rubeschny im Gebiet Lugansk nicht schließen kann. Wir haben unsererseits eine große Gruppierung im Süden des Gebietes, im Raum von Saur-Mogila, eingeschlossen“, berichtete der Vertreter des Stabes.
Seinen Worten nach setzt die ukrainische Armee den Beschuss von Sewersk und Karlowka (ein Dorf westlich von Donezk) aus schwerer Artillerie fort.
Wie er weiter sagte, werden die Zusammenstöße auch in der Umgebung von Slawjansk und Kramatorsk fortgesetzt, von wo sich die Hauptkräfte der selbsterklärten Donezker Volksrepublik unlängst zurückgezogen haben.
Nachmittags:
RIA.de: Bei einem Verlust der Kontrolle über das umkämpfte Donez-Becken droht der Kiewer Regierung eine Kürzung der Finanzhilfen, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Donnerstag.
Kiew erwartet vom Internationalen Währungsfonds (IWF) die zweite Tranche der Finanzhilfe in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Im Mai hatte der IWF jedoch gewarnt, dass der Verlust der Kontrolle über die östlichen Regionen zur Revision des Hilfsprogramms führe. Es ist fraglich, ob Kiew Zugriff auf das Wirtschaftspotential des Donez-Beckens hat. Zudem rufen angesehene Politiker in Europa und den USA dazu auf, den realen Verlauf der ukrainischen Grenzen zu akzeptieren. Der ehemalige tschechische Staatschef Václav Klaus nannte die Spaltung der Ukraine unausweichlich. Der ehemalige US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski schlägt vor, die Ukraine-Krise durch die Anerkennung der Krim-Angliederung an Russland beizulegen.
Der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk sagte am Mittwoch, dass die Ukraine alle Kriterien des IWF-Programms erfüllt habe und eine zweite Tranche der Finanzhilfe erwarte. „Heute Abend wird bei einem Treffen die Bereitstellung der Finanzhilfe in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar für die Stabilisierung der Wirtschaftssituation im Lande erörtert. Ich hoffe, dass die Verhandlungen erfolgreich verlaufen“, so Jazenjuk.
Der IWF genehmigte am 30. April ein zweijähriges Hilfsprogramm in Höhe von 17,1 Milliarden Dollar. Bereits bei der Bereitstellung der ersten Tranche teilte der IWF mit, dass bei der Abtrennung der östlichen Regionen das Hilfsprogramm revidiert werde.
Falls die Kiewer Regierung die Kontrolle über die östlichen Gebiete verliere, müsse das Hilfsprogramm in Höhe von 17 Milliarden Dollar revidiert werden, hieß es in einem IWF-Bericht vom 1. Mai. In dem Dokument wird die führende Rolle der östlichen Gebiete in der ukrainischen Wirtschaft und Industrie hervorgehoben. Mit einem Verlust dieser Regionen würden der ukrainischen Staatskasse enorme Einnahmen entgehen und sich das Investitionsklima verschlechtern.
Vielleicht kann Regierungschef Jazenjuk die IWF-Experten davon überzeugen, dass demnächst die Kontrolle über das Donezk-Becken wieder hergestellt wird. Doch viele Politiker geben bereits zu, dass in der Ukraine ernsthafte Zersetzungsprozesse zu erkennen sind.
Laut Alexander Dorofejew von der Consultingfirma Arkaim wird es nur minimale IWF-Kredite geben, falls sich das Donez-Becken wirtschaftlich abspaltet. Dabei entstehe ein Widerspruch. Als Voraussetzung für die Hilfen werde die Stabilisierung im Südosten bezeichnet. Doch die Versuche, die Region zu zähmen, würden nur den tatsächlichen Hilfebedarf des Landes erhöhen.
ITAR-TASS: Die Volksmilizen mussten die Stadt Sewersk im Donezker Gebiet aufgeben. Igor Strelkow gab bekannt, dass man damit eine Umzingelung verhindern wollte.
RIA.de: Sechs Menschen sind am Mittwoch im ostukrainischen Lugansk, das weiter unter Artilleriebeschuss steht, verletzt worden, verlautete aus den örtlichen Behörden.
„Nach einer ersten medizinischen Versorgung wurden alle Verletzten ins Krankenhaus eingeliefert“, heißt es am Donnerstag in einer Mitteilung der Stadtverwaltung Lugansk.
Nahe der Stadt sei es in den zurückliegenden 24 Stunden zu bewaffneten Zusammenstößen gekommen. In mehreren Stadtteilen sei Artilleriebeschuss zu hören gewesen.
Die Kampfhandlungen verursachten Havarien und Schäden an Versorgungssystemen der Stadt, hieß es ferner. Die Wiederaufbauarbeiten seien im Gange.
RIA.de: Die Lage in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Lugansk bleibt angespannt: Im Laufe des vergangenen Tages sind laut dem ukrainischen Verteidigungsministerium drei Soldaten getötet und 27 weitere verletzt worden.
Seit Beginn des Armeeeinsatzes in der Region Donezbecken seien 173 Tote und 446 Verletzte unter den Armeeangehörigen zu beklagen, so der Pressedienst der Operation.
Besonders kompliziert bleibe die Lage im Raum der Städte Donezk, Gorlowka, Lugansk, Antrazit und Krasnodon.
ITAR-TASS: Moskau ist bereit, ein Monitoring der OSZE an der Grenze zur Ukraine zu unterstützen.
ITAR-TASS: Abgeordnete aus dem ukrainischen Lwow fordern vom Präsidenten Poroschenko, Stepan Bandera wieder den Titel „Held der Ukraine“ zu verleihen.
ITAR-TASS: Am Flughafen Donezk wird gekämpft, berichtet der Pressedienst der DVR.
ITAR-TASS: Die OSZE ist bereit, ein Monitoring an der russisch-ukrainischen Grenze zu organisieren. Genaue Modalitäten werden nun geklärt.
Abends:
Dnr-news: Eine Frau in Lugansk wurde beim Beschuss der Stadt von einem Granatsplitter tödlich getroffen. Es handelt sich um die Ehefrau eines Mitarbeiters des Lugansker Kabelfernsehens. Dessen Direktor schrieb auf Facebook: „Vor einer Stunde schlug in die Wohnung meines Kollegen, des Hauptjuristen I.Z., eine Granate ein und zerriss seine Frau…das schöne Mädchen Larissa…ewiges Andenken ihr…Kiew, hör zu! Nach diesem Vorfall werden die die Einwohner von Lugansk nur noch mehr lieben“
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ITAR-TASS: Der russische Außenminister stellte heute der OSZE das „Weißbuch“ der Verbrechen der ukrainischen Militärs vor. Darin werden die Verletzung von Menschenrechten und Verbrechen seit April dieses Jahres gesammelt.
RIA.de: Seit dem Beginn der Sonderoperation im Osten der Ukraine sind rund 500 Zivilisten gestorben, wie der stellvertretende Gesundheitsminister der Ukraine, Wassili Lasorischinez, am Donnerstag in Kiew bei einem kurzen Pressegespräch sagte.
„Wir führen ein Monitoring der Totenzahlen unter den Zivilisten. Bedauerlicherweise sind bis jetzt insgesamt 478 Menschen getötet worden“, zitiert die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform den Vize-Gesundheitsminister. Nach seinen Angaben sind unter den Toten 30 Frauen und sieben Kinder.
Lasorischinez teilte auch mit, dass jetzt 1392 Zivilbürger, darunter 108 Frauen und 140 Kinder, in medizinischen Einrichtungen behandelt werden.
RIA.de: Das ukrainische Gesundheitsministerium hat die Zahl der Todesopfer unter den Zivilisten im Osten des Landes dementiert, die der stellvertretende Gesundheitsminister Wassili Lasorischinez am Donnerstag in Kiew bei einem kurzen Pressegespräch im Ministerkabinett veröffentlicht hatte.
Das Ministerium hebt hervor, dass Lasorischinez bei dem Pressegespräch statistische Angaben zur allgemeinen Sterblichkeit in den ostukrainischen Gebieten (in denen die Sonderoperation der Armee durchgeführt wird: Anmerk. Red.) angeführt habe.
Das Gesundheitsministerium führt keine genauen statistischen Angaben über Opferzahlen an.
ITAR-TASS: Nach schweren Kämpfen hat die Volksmiliz der DVR die ukrainische Armee gezwungen, sich aus dem Ort Karlowka zurückzuziehen.
ITAR-TASS: Die ukrainischen Fernsehkanäle und Provider wurden von der Regierung aufgefordert, innerhalb von 24 Stunden alle russischen und pro-russischen Ausstrahlungen abzuschalten., Andernfalls drohen ihnen Strafen.
RIA.de: Das Außenministerium in Moskau schließt einen Einsatz russischer Friedenssoldaten in der kriegsgebeutelten Ukraine völlig aus.
„Nichts dergleichen“, kommentierte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch die Gerüchte, dass eine Friedensoperation möglich wäre und dass das Friedenskontingent zu 60 Prozent aus Russen bestehen würde. Lukaschewitsch mutmaßte, dass diese Gerüchte in Umlauf gesetzt worden seien, „um eine russische Reaktion zu provozieren“. Russland unterstütze die OSZE-Überwachungsmission in der Ukraine und halte sie für sehr wichtig
RIA.de Das ukrainische Militär hat am Donnerstag erneut einen russischen Kontrollposten an der Grenze zwischen beiden Staaten unter Artilleriebeschuss genommen. Das Außenministerium in Moskau sprach von einem groben Verstoß gegen das Völkerrecht und warnte die Regierung in Kiew vor Konsequenzen.
Die ukrainische Artillerie habe am 10. Juli den Grenzübergang Gukowo beschossen, teilte das Moskau Außenamt mit. Zu dem Zeitpunkt des Beschusses haben sich am Grenzübergang rund 230 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgehalten. „Nur durch Zufall wurde niemand verletzt. Die Flüchtlinge wurden in Sicherheit gebracht.“
„Das Vorgehen der ukrainischen Seite ist ein grober Verstoß gegen die Grundsätze des Völkerrechts“, so das russische Außenministerium. Die Behörde äußerte der ukrainischen Seite einen „entschiedenen Protest“ und forderte ein Ende der Angriffe auf das russische Territorium. „Bei einer Wiederholung solcher Vorfälle wird die gesamte Verantwortung für die Folgen bei den Kiewer Behörden liegen.“
Novorossia.su: Donezk bereitet sich auf eine teilweise Evakuierung vor, erklärte der Premierminister der DVR Borodai. Einige Bezirke der Stadt müssen evakuiert werden. Dies erfolge jedoch auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Russland solle sich schon mal auf einige hunderttausend Flüchtlinge vorbereiten, denn fast alle möchten auf das Territorium der Russischen Förderation.
RIA.de: Die Ukraine, die mit offenen Gasrechnungen in Milliardenhöhe bei Russland in der Kreide steht, benötigt nach eigenen Angaben noch mindestens sechs Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas, um die kommende Wintersaison ohne Versorgungsengpässe zu überstehen.
„Wir müssen noch etwa sechs bis sieben Milliarden Kubikmeter Gas kaufen. Wir hoffen, dass die Russische Föderation uns diese Gasmenge verkauft“, sagte der ukrainische Vizepremier Wladimir Grojssman am Donnerstag in Kiew. Und weiter: „Wir sind berechtigt, diese Gasmenge zu Marktpreisen zu kaufen. Russland hat kein Recht, das uns zu verweigern.“.
Die Ukraine hat seit Monaten keine Erdgaslieferungen aus Russland bezahlt und seit November Schulden in Höhe von 5,3 Milliarden US-Dollar angehäuft. Nach wochenlangen ergebnislosen Verhandlungen, die zuletzt unter Vermittlung der EU geführt wurden, stellte der russische Lieferant Gazprom am 16. Juni die Ukraine auf das Vorkasse-Verfahren um. Seitdem pumpt Gazprom nur das für Europa bestimmte Erdgas in die ukrainischen Transitpipelines.
Nach Angaben von Gazprom hat die Ukraine insgesamt 11,5 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas bezogen, ohne dafür gezahlt zu haben. Um Erdgas gegen Vorkasse erwerben zu können, muss die Ukraine – so die Forderung von Gazprom - aber zuerst einen Teil der Schulden begleichen.
Novorossia.su: 27 Mitglieder der Slawjansker Volksmiliz haben sich nach Donezk durchgeschlagen. Alle sind verwundet, einer starb auf dem Weg. Mit ihnen gekommen ist ein 10jähriges Mädchen namens Katja, die Enkelin eines der Kämpfer, deren Mutter beim Beschuss von Slawjansk ums Leben gekommen war.
Der 53jährige Volksmilizionär Alexander sagte: „Diejenigen, die die Vorgänge nur im Fernsehen verfolgen, die nie im Kampf standen gegen die ukrainischen Militärs, die nie mit Gefangenen gesprochen haben, diejenigen verstehen nicht, was vor sich geht. Sie kamen um zu töten, sie wollen unser Blut. Woher dieser Hass kommt, weiß ich nicht. Dies herauszufinden bleibt mir keine Zeit, vor mir ist der Krieg. Die Situation ist heute die: entweder wir sie oder sie uns. Einen Weg zurück gibt es nicht.“
Novorossia.su: Neuer Vizepremier der DVR wurde Generalleutnant Wladimir Antjufejew. Er sagte: „Mein ganzes Leben lang habe ich gegen die Faschisten gekämpft im Baltikum, in Transnistrien. In der DVR werde ich die Rechtsschutzorgane aufbauen, die Organe der Staatssicherheit.“
RIA.de: Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin hat am Donnerstag versichert, dass der Kiewer Protestplatz Maidan nicht gewaltsam geräumt werde. Zuvor hatte Generalstaatsanwalt Vitali Jarema gedroht, die Camps der Aktivisten mit Gewalt auflösen zu lassen.
„Soweit ich weiß, hat niemand vor, den Maidan zu räumen. Der Maidan ist für uns mehr als nur Symbol“, sagte Klimkin am Donnerstag. Ihm zufolge drohen die Ukrainer auf einen „falschen Weg“ zu geraten, wenn sie die Forderungen des Maidan vergessen würden.
Rusvesna.su: Den Volksmilizen in Donezk ist es gelungen, die im Flughafen verschanzten ukrainischen Kämpfer einzukesseln.
Rusvesna.su: Ein Trickfilm von Flüchtlingskindern aus dem Donbass für die Erwachsenen. „Die Kinder des Krieges malen den Krieg“ [youtube https://www.youtube.com/watch?v=MshQF4g2Lm4&w=640&h=360]
Rusvesna.su: Der neue Vize-Premier der DVR Antjufejew wurde in der UdSSR geboren und diente in der Roten Armee. Bis 1991 war er Leiter der Kriminalpolizei im Baltikum, danach bis 2012 Chef des Staatssicherheitsdienstes in Transnistrien. Nun kämpft er im Donbass gegen die Faschisten.